Das Oberlandesgericht Nürnberg hat die Klage eines Nachbarn auf Durchsetzung des „Fensterrechts“ abgewiesen. In erster Instanz hatte das Landgericht Nürnberg-Fürth den vom Kläger gegen die Grundstücksnachbarn geltend gemachten Anspruch, die auf der Grundstücksgrenze befindlichen Fenster großflächig blickdicht zu gestalten und geschlossen zu halten, zuerkannt. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung abgeändert (Az. 6 U 2481/22).
Der Kläger verlangte unter Berufung auf die bayerischen Nachbarrechtsvorschriften von den beklagten Nachbarn die zu seinem Grundstück zugewandten Wohnraumfenster so umzubauen, dass ein Öffnen und ein Durchblicken bis zur Höhe von 1,80 m über dem Boden nicht möglich sind. Er ist Eigentümer eines im Jahr 2017 errichteten Einfamilienhauses, die Beklagten wohnen seit 2019 auf dem Nachbargrundstück. Beide Grundstücke waren zunächst Teil eines größeren Grundstücks. Infolge der Grundstücksteilung im Jahr 2000 wurde das Wohnhaus, in dem die Beklagten wohnen, zu einem Grenzbau. Die Wohnung der Beklagten hat mehrere Fenster sowie eine Balkonfenstertür, deren Abstand zur Grundstücksgrenze des Klägers weniger als 60 Zentimeter beträgt.
Das Oberlandesgericht sah die auf das „Fensterrecht“ gestützten Anspruchsvoraussetzungen zwar grundsätzlich als gegeben, erachtete die Durchsetzung des Anspruchs im konkreten Einzelfall in der Gesamtwürdigung aber als unbillige Härte. Das Gericht hatte sich in einem Ortstermin ein eigenes Bild von den konkreten Wohnverhältnissen gemacht und die streitgegenständlichen Fenster, insbesondere die etwaig zu verschattenden Fensterflächen, die Lichtverhältnisse in sämtlichen betroffenen Räumen und die Fluchtwege der Wohnung in Augenschein genommen. Unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten der Wohnung und in Abwägung der jeweiligen Interessen beider Seiten kam das Oberlandesgericht zu dem Ergebnis, dass dem Kläger ein Berufen auf das nachbarrechtliche „Fensterrecht“ im konkreten Einzelfall verwehrt sei. Maßgeblich sei zum einen, dass bis zu 80 % der Fensterflächen von der blickdichten Gestaltung betroffen wären und eine ausreichende Licht- und Luftzufuhr der Wohnung bei Durchsetzung des Anspruchs nicht mehr gewährleistet wäre. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass bei einem dauerhaften Verschließen der Balkontür auch der notwendige zweite Fluchtweg nicht mehr gegeben wäre. In Gesamtbetrachtung der konkreten Umstände erachtete das Gericht die Ausübung des Fensterrechts daher als unzulässig.
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