Bei der Lieferung von Strom, den der Vermieter von Wohnraum über eine Photovoltaikanlage selbst erzeugt und an seine Mieter gegen Entgelt abgibt, handelt es sich nicht um eine unselbstständige Nebenleistung der umsatzsteuerfreien (langfristigen) Vermietung von Wohnraum, sondern um eine selbstständige umsatzsteuerpflichtige Leistung.
Diese berechtigt zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen, da kraft Gesetzes für den Mieter die Möglichkeit besteht, den Stromanbieter frei zu wählen, und die Stromlieferung getrennt und nach individuellem Verbrauch abgerechnet wird. So entschied der Bundesfinanzhof (Az. XI R 8/21).
Dieses Urteil betrifft einen Sachverhalt, wie er im Zuge der Energiegewinnung durch neue Stromgewinnungsanlagen häufiger anzutreffen ist und in Zukunft sein wird. Es ist nicht mehr ungewöhnlich, wenn Photovoltaikanlagen auf den Dächern von Mietshäusern installiert werden und der dadurch erzeugte Strom an die Mieter weiterveräußert wird. Strittig war im vorliegenden Fall, ob diese Stromlieferungen als Bestandteil der Wohnungsvermietung und damit als unselbstständige Nebenleistung steuerfrei gem. § 4 Nr. 12a UStG bleiben oder als selbstständige Hauptleistung neben der Wohnungsvermietung der Umsatzsteuer unterliegt. Der Vermieter sah die Stromerzeugung und die Lieferung an die Mieter jeweils als eigenständige Leistung an, während das Finanzamt eine Gesamtleistung sah, nämlich die Vermietung einer Wohnung mit der dazugehörigen Stromlieferung. Der Grund für die gegenteiligen Auffassungen lag selbstverständlich darin, dass der Vermieter den Vorsteuerabzug für die Photovoltaikanlage beanspruchte, während das Finanzamt dies ablehnte.
Der Bundesfinanzhof beurteilte diesen Fall insbesondere unter Berücksichtigung der hierfür abgeschlossenen Verträge. Da der Stromlieferungsvertrag unabhängig vom Mietvertrag über die Wohnräume bestand, handelte es sich nach seiner Auffassung um zwei verschiedene Leistungen. Die Vereinbarung über die Stromlieferung war unabhängig vom Mietvertrag kündbar. Dies ergibt sich auch aus § 42a Abs. 2 EnWG, in dem ein ausdrückliches Koppelungsverbot zwischen dem Miet- und dem Energielieferungsvertrag enthalten ist. Die Mieter konnten daher unabhängig vom Mietvertrag den Stromlieferungsvertrag kündigen und danach den Strom von einem anderen Anbieter beziehen. Der kündigende Mieter hätte dann allerdings die Kosten für den Umbau des Zählers zu tragen. Dies sah das Finanzamt als wesentliches Argument dafür an, dass die Wechselmöglichkeit zwar theoretisch bestand, durch die dabei anfallenden Kosten aber wirtschaftlich so ungünstig gewesen wäre, dass ein Mieter diese Wahl nicht getroffen hätte. Diese Auffassung wurde vom Niedersächsischen Finanzgericht und dem Bundesfinanzhof nicht geteilt. Das Finanzgericht hielt es auch für möglich, dass sich ein neuer Anbieter an den neuen Zählerkosten beteiligt hätte, dann wäre zusammen mit geringeren laufenden Kosten für den Mieter auch wirtschaftlich ein Anreiz zum Wechsel gegeben. Unter Berücksichtigung dieser Liefermöglichkeit. aber auch unter Auswertung der umfangreichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Haupt- und Nebenleistungen kam der Bundesfinanzhof zum Ergebnis, dass hier zwei unterschiedliche Leistungen vorliegen, die auch umsatzsteuerlich getrennt zu beurteilen sind. Diese getrennte steuerliche Behandlung verschafft auch dem Grundsatz der Neutralität Geltung. Der Hauseigentümer als Stromlieferant hat damit bei Lieferungen an den Endverbraucher keinen Vorteil gegenüber anderen Stromanbietern, die nur eine eigenständige Leistung anbieten können. Das Finanzamt kann sich auch nicht auf den Abschn. 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 UStAE berufen, da diese Verwaltungsanweisung das Gericht nicht bindet. Die Stromlieferung ist auch nicht mit der Versorgung von Wärme bei Wohnungen zu vergleichen, weil letztere vom Vermieter mit dem Mietvertrag geschuldet wird und in der Regel auch an den Mietvertrag gekoppelt ist.
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